Wenn der Notarzt nicht mehr raus muss

Gesundheitsnetzwerk Münsterland diskutiert rechtliche Möglichkeiten der Telemedizin mit Experten

Wenn der Notarzt nicht mehr raus muss: Videosprechstunden könnten im Münsterland künftig für Unterstützung sorgen und zum Beispiel auch die Wartezeit auf einen Termin beim Facharzt verkürzen. Dazu notwendige Entwicklungen erörterte das Netzwerk Gesundheitswirtschaft Münsterland e.V. jetzt bei einer Veranstaltung in Münster.

Für die erfolgreiche, flächendeckende Umsetzung müsste das sogenannte Fernbehandlungsverbot künftig noch weiter modifiziert werden, erläuterten Dr. Paul Lodde (Fachanwalt für Medizinrecht) und sein Kollege Rechtsanwalt Dr. Christoph Buchmüller (Kanzlei Harnischmacher Löer Wensing, Münster).

Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass das sogenannte Fernbehandlungsverbot bereits in vieler Hinsicht durchlässig geworden ist. Ein Arzt kann zum Beispiel problemlos per Videoleitung einen Kollegen bei einer Untersuchung hinzuschalten. Auch können Ärzte Patienten zu Hause per Datenleitung überwachen und zum Beispiel ihre Herzschrittmacher und Defibrillatoren checken. Dabei muss es allerdings immer einen behandelnden Arzt geben, der notfalls auch physisch vor Ort sein kann. Eine rein „anonyme“ Untersuchung ohne mindestens einen unmittelbaren Kontakt mit einem Mediziner ist bisher nicht möglich.

Genau das aber sei vor dem Hintergrund des Ärztemangels und oft monatelanger Wartezeiten auf einen Arzttermin künftig eine Notwendigkeit, so Dr. Lodde. Er berichtete von erfolgreich laufenden Fernbehandlungen in der Schweiz ohne direkten Arztkontakt. Die Ärzte therapierten von einem medizinischen Zentrum aus über Videokontakt zu den Patienten. Sicherlich dürfe dabei die Rechtssituation der Datennutzung nicht außer Acht gelassen werden. In Deutschland werde sie aber deutlich überbewertet und blockiere zu Lasten der Patienten wesentliche Entwicklungen.

Hierzulande würden daher einige telemedizinische Versorgungskonzepte, die in anderen europäischen Ländern längst hilfreich eingesetzt würden, nicht umsetzbar sein. Eine Erstanlaufstelle wie in der Schweiz sei in Deutschland wohl auf absehbare Zeit nicht realisierbar.

Technisch sei es aber auch bereits möglich, dass zum Beispiel Rettungsmediziner Notfallpatienten per Videoübertragung und per Übermittlung der Vitaldaten von der Leitzentrale aus in Augenschein nähmen, hieß es. Unter ihrer Anweisung könnten Rettungskräfte vor Ort dann notwendige Maßnahmen einleiten. Vielfach sei dafür kein Notarzt erforderlich.